Manuel García Limia, Fraktionsvorsitzender der Viersener SPD
Michael Lambertz, Vorsitzender der SPD-Ortsvereins Viersen
21. August 2019
SPD-Spitzen im RP-Sommerinterview
„Wir werden auch weiterhin sparen müssen“
Was steht an in der Viersener Kommunalpolitik?
Manuel García Limia und Michael Lambertz sprechen über Kita-Öffnungszeiten, das Klima und die Bürgermeister-Wahl. (RP-Online 20.08.2019)
RP Vor Kurzem haben Sie angeregt, dass in Viersen ein Pfandsystem für Kaffeebecher eingeführt werden sollte. Welche Ideen hat die SPD sonst noch für den Herbst auf dem Plan? Was muss schnell angepackt werden?
GARCÍA LIMIA Na ja, schnell ist ja immer relativ. Die Themen, die anstehen, haben wir teilweise seit zwei, drei Jahren vor der Brust. Da geht es um Digitalisierung an Schulen, den Ausbau der Offenen Ganztagsschule, den Kita-Ausbau: Alles Themen, bei denen uns bisher wegen der Haushaltssicherung die Hände gebunden waren. Wir denken zum Beispiel darüber nach, wie man einen Kindergarten mit alternativen Öffnungszeiten anbieten könnte. Auch mit der Lehrerversorgung an der Primusschule müssen wir uns dringend befassen. Eltern, Schüler und Lehrer brauchen das Signal, wie wichtig das für uns ist. Dieser Schulversuch muss gelingen. Die Eltern, die sich für dieses Experiment entschieden haben, sind schließlich davon ausgegangen, dass die Rahmenbedingungen stimmen. Auch das Thema Verkehr ist eines, das wir vertiefen müssen.
RP Inwiefern?
GARCÍA LIMIA Man muss den Menschen die Möglichkeit bieten, sich auf verschiedene Arten fortzubewegen. Wir sind hier nicht in einer Großstadt, das Auto wird immer auch benötigt werden – da brauchen wir uns keine Illusionen zu machen. Aber wir müssen den öffentlichen Nahverkehr so attraktiv machen, dass das Auto nur noch in Einzelfällen genutzt.
LAMBERTZ Der ideale Verkehr besteht natürlich aus Fußgängern und Radfahrern, dafür müssen bessere Strukturen geschaffen werden. Häufig ist man schneller mit dem Rad am Ziel. Um das Radfahren attraktiver zu machen, müssen also die Wege besser ausgebaut werden. Das Thema ist für uns im Moment wichtiger als das Thema Elektromobilität.
GARCÍA LIMIA Wichtig ist auch der Ausbau der S28. Der Anteil an Pendlern ist sehr groß, viele dieser Pendler wollen Richtung Düsseldorf. Bisher ist der Ausbau der Strecke von Viersen nach Düsseldorf an einer Blockade aus der Nachbarkommune Mönchengladbach gescheitert.
RP Aber was können die Viersener dagegen tun?
GARCÍA LIMIA Wir können nerven...
LAMBERTZ Es kann doch nicht sein, dass eine für uns so wichtige Trasse an einem kurzen Teilstück durch Mönchengladbach scheitert.
RP Das Auto nur noch im Einzelfall nutzen, Radwege ausbauen – geht es Ihnen dabei auch um Klimaschutz?
GARCÍA LIMIA Es geht ja nicht immer nur ums Klima, das hat auch etwas mit Stadtplanung zu tun. Durch die Umgestaltung von Plätzen schaffen wir mehr Lebensqualität. Die Planungen für die Große Bruchstraße und der Umbau des Gereonsplatzes sind ein Beispiel dafür. Wo sich noch etwas tun muss, ist unter anderem am Westring und der Tönisvorster Straße in Süchteln. Da quält sich der Verkehr, da sollten wir mal die Bürger einbinden. Wir müssen hin zu einem Gesamtkonzept, alles muss sich ineinander einfügen. Dabei geht es aber nicht nur um den Verkehr, sondern eben auch um Lebensqualität. Wir können Ortsteile immer nur aktivieren, wenn wir die Menschen mitnehmen.
LAMBERTZ Wir müssen auch schauen, was wir mit unserem Parkraum machen. Was wir derzeit an Parkraum haben, muss reichen. Weitere Parkplätze anzubieten, halten wir nicht für notwendig.
RP Die Menschen mitnehmen: Wie funktioniert das?
LAMBERTZ Das steht und fällt alles mit dem bürgerschaftlichen Engagement. Sobald sich eine Zelle entwickelt, muss man sie unterstützen, wenn sie denn unterstützungswürdig ist.
RP Die Politik hat ja nach dem Verlassen der Haushaltssicherung auch mehr Geld zur freien Verfügung, um Ehrenamtler zu unterstützen...
GARCÍA LIMIA Bei den kommenden Haushaltsverhandlungen werden wir uns natürlich genau Gedanken darüber machen, wo wir Akzente setzen wollen. Wir müssen jetzt schauen, dass wir verantwortungsvoll mit den Mitteln umgehen und nichts versprechen, nur weil bald Kommunalwahl ist. Wir werden auch weiterhin sparen müssen.
RP Wo möchte die SPD Akzente setzen?
GARCÍA LIMIA Das müssen wir noch sehen, wir werden uns im September, Oktober, intern beraten. Auf der Agenda haben wir nach wie vor das Thema Wohnen. Der Wohnungsmarkt ist angespannt. An günstigen Wohnraum zu kommen, ist relativ schwierig. Wir möchten, dass es für alle Menschen in Viersen adäquaten Wohnraum gibt.
RP Wie lässt sich das erreichen?
LAMBERTZ Na ja, wir sind ja unterwegs. Wir haben in Viersen sehr aktive Bauvereine und mit der VAB eine starke Aktien-Baugesellschaft. Und wenn man sich mal unsere Baugebiete ansieht: Da hat sich unheimlich viel getan. Uns fehlt öffentlich geförderter Wohnraum, aber auch da sind wir in der Stadt gut unterwegs. Öffentlich geförderter Wohnraum senkt das Mietniveau und hilft damit im Grunde allen.
GARCÍA LIMIA Zum Beispiel Brachflächen in der Stadt zu nutzen – das ist der richtige Ansatz. Womit wir uns auch vor Ort intensiv beschäftigen müssen, ist das Thema Integration und Flüchtlinge. Wir haben die Versorgung, die Unterkünfte – wie gelingt es uns jetzt, diese Menschen zu integrieren? Vielleicht lassen sich dabei Brauchtum und Kultur stärker einbinden, beides ist unheimlich wichtig, um einander zu verstehen.
RP Haben Sie auch den Klimanotstand auf der Agenda? Es gibt ja Viersener, die anstreben, dass er ausgerufen wird. Dann würden Beschlüsse in der Politik immer darauf geprüft, wie sie sich aufs Klima auswirken.
GARCÍA LIMIA Es gibt ja Leute, die sich an dem Begriff Notstand stören. Ob man es jetzt Notstand nennt oder nicht, finde ich an dieser Stelle unerheblich. Ich glaube schon, dass die Politik bei jeder Maßnahme überlegen sollte, ob sie nachhaltig ist. Aber wir müssen auch die soziale und finanzielle Nachhaltigkeit im Blick behalten, nicht nur die ökologische.
LAMBERTZ Wenn die Politik darüber abstimmt, ob in Viersen der Klimanotstand ausgerufen werden soll, wird die SPD der Sache nicht im Wege stehen und dafür stimmen. Wichtig ist generell, die Menschen mitzunehmen, sie zu überzeugen – nicht Dinge zu verordnen oder zu verbieten.
RP Sie haben die Kommunalwahl angesprochen. Ist Sabine Anemüller bei der SPD als Bürgermeister-Kandidatin gesetzt?
GARCÍA LIMIA Das entscheiden natürlich die Mitglieder, aber für uns beide gilt: Ja, klar.
LAMBERTZ Ein Bürgermeister muss gestalten, eine Verwaltung führen und gut mit Menschen umgehen können. Diese Anforderungen erfüllt Sabine Anemüller hervorragend.
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